"Vergiss alle irdische Sorgen, genieße das vollkommene Glück des Tauchens."
Lou Fead [1]
Prolog
Dieses Jahr nahmen wir zum ersten Mal an einer
Tauchsafari teil. Die dafür erforderliche Anzahl an Tauchgängen hatten wir
beisammen und auch schon erste Erfahrungen mit Strömungstauchgängen gemacht. Da wir schon zweimal am Roten Meer waren, fiel
unsere Wahl wieder auf Ägypten. Das Rote Meer kann in gut vier Flugstunden erreicht werden und gilt nach wie vor als eines
der farbigsten Meere überhaupt. Zudem hat es beispielsweise mit den
Brother Islands und dem
Daedalus Riff auch einige
der besten Tauchplätze der Welt, wenn es um Begegnungen mit den Weißspitzen-Hochseehaien geht. Die Korallenfelder mancher
Riffe sind atemberaubend groß und sehr schön, was die Vielfalt der Steinkorallen betrifft, gibt es weltweit nur wenig
Vergleichbares.
Wir verglichen verschiedene Angebote und entschieden uns dann für die
Tauchsafari Deep South - St. John's (28.04. - 05.05.2016) mit
der
M/Y Golden Dolphin II, die wir Mitte November 2015 bei
Tourmare, einem Anbieter für Tauchreisen, buchten. Der Einfachheit
halber ließen wir uns auch gleich den passenden Charterflug vermitteln. Man kann die Tour auch direkt bei
Golden Dolphin Safari
World buchen. Wir hofften, das sich angesichts der angespannten Lage in Ägypten genügend Teilnehmer für die Safari
anmelden werden.
Ende Februar bekamen wir eine Flugplanänderung mitgeteilt. Der Rückflug mit
Condor von Hurghada nach Stuttgart wurde gestrichen
(vermutlich wegen zu geringer Auslastung), dafür ging es jetzt nach München, neue Ankunftszeit 23:10 Uhr anstatt 17:15 Uhr wie
in Stuttgart. Da um diese Uhrzeit kein ICE mehr nach Stuttgart fahren würde, buchten wir noch eine Übernachtung im
Hotel Novotel
beim Flughafen München. Vor zwei Jahren kamen wir schon einmal um diese Uhrzeit in München an und verbrachten die Nacht auf dem
Münchener Hauptbahnhof. Das wollten wir uns nicht noch einmal antun. Etwa zwei Wochen vor Beginn der Safari bekamen wir die
Reiseunterlagen zugeschickt, davor die Bestätigung, das die Tour stattfindet. Wir waren gespannt.
1. Tag | Anreise nach Port Ghalib
Der Flug verlief ohne besondere Vorkommnisse, planmäßig landeten wir in
Hurghada um 17:15 Uhr. Vor der Passkontrolle trafen wir einen
Mitarbeiter von
Golden Dolphin, der uns das Visa in den Pass klebte, so konnten wir rasch zur Passkontrolle durchgehen. In der Eingangshalle
empfing uns ein weiterer Mitarbeiter, der uns zum Büro des Veranstalters brachte, wo wir noch auf eine Teilnehmerin der Tour warteten.
Inzwischen wurde es Nacht und dann ging es endlich los, der Transfer von
Hurghada per Minibus nach Süden ins 226 Kilometer entfernte
Port
Ghalib.
Auf der Fahrt lernten wir Anja, eine Taucherin aus der Hamburger Ecke näher kennen. In
Port Ghalib nahm uns Tauchguide Matthias, ein
sympathischer Franke, der schon viele Jahre in Ägypten lebt, in Empfang. Wir bekamen eine Kabine mit Doppelbett auf dem Sonnendeck mit
WC/Dusche und Minibar. Die
M/Y Golden Dolphin II ist 36 m lang und hat zwei Zodiacs (Schlauchboote mit Außenborder), 10 klimatisierte
Kabinen, 2 Kabinen mit Doppelbett und
Nitrox gab es ohne Aufpreis. Zusammen mit Anja und Matthias standen wir noch eine Weile auf dem
Tauchdeck und unterhielten uns. Wir hatten uns ein Bier aus dem Salon geholt - dafür gab es eine Strichliste - und man brachte uns
sogar noch eine Kleinigkeit zum Essen. Ein schöner Empfang. Die anderen Teilnehmer der Safari, insgesamt waren wir nur zu acht, waren
schon früher angereist und zu Bett gegangen.
2. Tag | Mit der Golden Dolphin II von Port Ghalib tief in den Süden
Am nächsten Tag ließen wir es noch etwas gemütlich angehen. Nach dem Frühstück im Salon wurden von Guide Matthias unsere
Logbücher, Brevets, Gesundheitszeugnisse und die Tauchversicherung geprüft. Danach konnten wir uns für den ersten Tauchgang
zurecht machen. Das Tauchdeck bot ausreichend Platz für die Ausrüstung, jeder Taucher hatte seinen festen Platz. Nach jedem
Tauchgang wurden die Flaschen am Platz aus der bordeigenen Kompressoranlage befüllt. Der erste Tauchgang war am Spot
Abu Dabab III,
östlich von
Marsa Alam gelegen. Es war ein entspannter
Checkdive, der uns auf eine Tiefe von 17,5 m führte, zum Eingewöhnen und
Finden der richtigen Bleimenge. Am Ende des Tauchganges konnte noch jedes Buddyteam das Setzen einer Boje üben. Die Wassertemperatur
lag bei 25 Grad.
Für den zweiten Tauchgang steuerten wir
Shaab Sharm West an. Das sollte unser erster Tauchgang vom
Zodiac aus sein. Vom Tauchdeck reicht
man Kameras, Flossen etc. zuerst ins Boot, dann steigt man auf eine passende Sprosse der Leiter und tritt vorsichtig auf den Rand des
Schlauchbootes, wobei uns der Zodiac-Fahrer abgestützt hat. Als wir alle im Boot waren, ging es los. Am Rand des Schlauchbootes gab es
Seile, an denen wir uns während der Fahrt festhalten konnten. Am Tauchplatz angelangt, gab Matthias das Kommando und alle ließen sich
gleichzeitig per Rolle rückwärts ins Wasser fallen, Regler und Maske mit der Hand geschützt. Je nach Absprache taucht man nach dem
Fallen sofort ab oder verständigt sich noch kurz an der Oberfläche.
Das Ostplateau mit vielen
Gorgonienfächern war leicht zu betauchen. Wir erreichten dabei eine Tiefe von 30,6 m und sahen unter anderem
eine
Schildkröte, Skorpionfische, einen
Napoleon und
Nacktschnecken. Am Ende des Tauchganges setzte Matthias eine Boje und wir ließen
uns wieder von den beiden Zodiacs abholen. Um ins Schlauboot zu gelangen, reicht man dem Fahrer zuerst die Bleitaschen, dann zieht man
das Jacket aus und reicht es ebenfalls dem Fahrer. Zum Schluß hält man sich mit beiden Händen am Bootsrand fest und katapultiert sich
mit einem kräftigen Flossenschlag auf den Seitenwulst des Schlauchbootes.
Zum Abschluß des ersten Tages gab es noch einen
Dämmerungstauchgang, dazu ging es zum
Shaab Sharm West. Der Tauchgang ging bis auf 18,5 m
und verlief ohne besondere Vorkommnisse. Immer nach dem letzten Tauchgang ertönte dann bald die Schiffsglocke zum Abendessen im Salon,
das keine Wünsche offen ließ. Für jeden Geschmack war etwas dabei. Auf dem Schiff gab es Vollpension, das leckere Essen - eine Mischung
aus ägyptischen und westlichen Gerichten - wurde in Buffetform angeboten mit einer Auswahl an Fleisch, Geflügel, Fisch, Nudeln, Reis und
Gemüse. Bier oder Wein mußte extra bezahlt werden. Nach dem Abendessen saßen wir alle immer noch mit Guide Matthias gemütlich zusammen
auf dem Sonnendeck.
3. - 5. Tag | Tauchen an den St. John's Riffen
Die
St. John's Riffe liegen nahe an der sudanesischen Grenze und sind deshalb nur mit Safarischiffen erreichbar. Sie sind bekannt für
ihre berühmten Tunnel, Kavernen, Höhlen, Überhänge und wunderschönen Korallenwände und -gärten und lassen deshalb auch keine Langeweile
aufkommen. Die einzelnen Riffe liegen nur wenige Minuten Fahrtzeit voneinander entfernt. Wir erreichten die St. Johns' Riffe gegen 5
Uhr am nächsten Morgen, da wir die ganze Nacht durchfuhren.
Die nächsten zweieinhalb Tage konnten wir traumhaft schöne Tauchgänge an den
Riffen von St. John's genießen. Wir waren an so fantastischen
Spots wie
Big Gotha, Dangerous Reef, South Reef, Small Habili, Umm Eruk, Small Gota, Paradise Reef und dem
Cave Reef, einem der für
uns bisher schönsten Tauchplätze im Roten Meer. Mehrere große Ein- und Ausgänge laden zu einem ausgiebigen Tauchgang in dem sehr
weitläufigen Höhlensystem ein, das komplett im flachen Bereich so zwischen 5 - 9 m Tiefe liegt. Durch die immer wieder zur
Wasseroberfläche hin geöffneten Gänge ergaben sich faszinierende Licht- und Schattenspiele. Neben vielen
farbenprächtigen
Rifffischen sahen wir an Großfischen neben ein paar
kleineren Weißspitzenriffhaien, Barrakudas und
Thunfischen zum ersten Mal
überhaupt einen
Manta. An dieser Stelle vielen Dank an Sebastian Ortwein, der mir seine Fotos vom Manta und dem Riffhai zur
Verfügung gestellt hat.
Nach zwei Tauchgängen am letzten Tag in
St. John's fuhren wir langsam wieder nach Norden, wo wir am Nachmittag bei den
Fury Shoals
noch einen Tagestauchgang am Spot
El Malahi und einen Nachttauchgang am
Shaab Claudio genießen konnten. Die
Fury Shoals sind eine
Gruppe von circa 20 Riffen, die nördlich von
Ras Banas liegen.
6. Tag | Tauchen an den Fury Shoals und Weiterfahrt nach Norden
Am nächsten Morgen ging es wieder früh los. Wecken war um 5:30 Uhr, so dass wir schon kurz nach 6 Uhr zum "Early morning dive" am
traumhaft schönen
Shaab Claudio in Neptuns Reich abtauchen konnten. Hier gibt es ein Labyrinth mit Torbögen zum Durchschwimmen. Man
findet Höhlen, Nischen, Durchbrüche und Canyons und im Höhlendach sind eine Reihe von Schächten, durch die das einstrahlende Sonnenlicht
eindrucksvolle Szenerien schafft. Die Unterwasserlandschaft ist einfach fantastisch und hier zu tauchen machte Spaß. Danach fuhren wir
mit der
Golden Dolphin II weiter nach
Small Abu Galawa und
Shilinyat. Am Abend gab es auf der Höhe von Marsa Alam noch einen schönen
Nachttauchgang am
Shaab Marsa Alam. Hier konnten wir uns ein Wrack anschauen und ein kurzes Stück durch eine Höhle tauchen. Bis auf
den Dämmerungstauchgang haben wir alle Nachttauchgänge selbstständig, d. h. ohne unseren Guide Matthias durchgeführt. Großes Lob an
Chris, der unsere Vierergruppe immer sicher zum Schiff zurückbrachte.
7. Tag | Tauchen am Elphinstone Riff (Shaab Abu Hamra)
Elphinstone wurde um
1830 von Robert Moresby entdeckt und nach
Lord John Elphinstone benannt. Es ist ein zigarrenförmiges Riff von
ungefähr 600 m Länge mit Plateaus an seinem nördlichen und südlichen Ende, die auf 20 bis 40 m Tiefe liegen. Seine Vielfalt an
Meereslebewesen und die Unterwasserlandschaft machen es zu einem der besten Tauchplätze im Roten Meer.
Elphinstone begrüßte uns
mit etwas rauherer See als an den letzten Tagen und außer uns waren noch ein paar andere Safariboot da, deren Taucher alle mit
den Zodiacs zum Nordplateau fuhren.
Matthias entschied aus diesem Grund, dass wir unseren ersten Tauchgang am
Südplateau machen. Wir tauchten ab bis an die Plateaukante,
mein Tiefenmesser zeigte 39,8 m und wir hatten keinerlei Strömung. An einer großen
Gorgonie sah ich zum ersten Mal einen
Langnasenbüschelbarsch. Die erhofften Longimanus Haie ließen sich leider nicht blicken. Da sich die See wieder beruhigte, fuhren wir
für den zweiten Tauchgang mit den Zodiacs zum
Nordplateu, das wir jetzt ganz für uns hatten. Wir tauchten ab bis auf fast 40 m, immer
mit Blick ins tiefe Blau, um Haie zu entdecken. Aber an Großfischen war nichts zu sehen.
Erst auf dem Rückweg gab es dann doch noch eine Überraschung. Vor uns tauchte plötzlich aus dem Nichts ein
Hammerhai auf. Mühelos
beschleunigte das Tier seinen Flossenschlag und entschwand nach kurzer Zeit wieder unseren Blicken. Wären wir nicht in Neptuns Reich
gewesen, hätte man die Jubelschreie unserer Tauchergruppe hören können. Was für ein schöner Abschluß der Tauchsafari, unser erster
Hammerhai! Danach setzten wir den schönen Tauchgang entlang der Ostwand fort. Auch dieser Bereich des Riffs schien vor Leben nur so
zu strotzen. Wir sahen
Juwelen-Zackenbarsche, jede Menge
Fahnenbarsche,
Füsiliere und
wunderschöne Korallenformationen soweit das
Auge reicht.
Nach dem letzten Tauchgang steuerten wir wieder
Port Ghalib an, wo wir die letzte Nacht noch auf dem Boot verbrachten. Am nächsten
Tag gab es noch Frühstück und nach dem Mittagessen wurden wir wieder zum Flughafen nach
Hurghada gebracht. Jeder Gast erhielt noch
eine Tüte Tee als Geschenk.
Fazit der Tauchsafari
Alles in allem hatten wir eine
erlebnisreiche und spannende Woche, die uns sehr viel Spaß gemacht hat und natürlich auch
Lust auf
mehr. Um das gut zu überstehen, haben wir
nach jedem Tauchgang die Ohren mit Süßwasser ausgespült und mit einer
Mütze vor Wind
geschützt. Wir fanden die Safari einfach herrlich, das war Tauchen pur, mehr ging nicht pro Tag. Drei bis vier schöne Tauchgänge,
dazwischen ein Nickerchen oder Lesen, den Sonnenuntergang genießen, zum Abendessen ein Dekobier oder mal zwei oder drei und dann
ab ins Bett.
Wir hatten Glück mit unserer Kabine am Sonnendeck. Nachts konnten wir die Tür offen lassen, damit frische Luft reinkam. Die Klimaanlage
hatten wir nur einmal an, sie war nur laut und hat nichts gebracht. Zudem schlief Amélie nachts ein paar Mal auf dem oberen Sonnendeck
unter freiem Himmel.
Die Crew war hilfsbreit, gut gelaunt, hat uns mit sehr gutem Essen versorgt und hat das Boot optimal sauber
gehalten. Nach dem letzten Tagestauchgang bekamen wir immer leckeres Obst, etwas Gebäck und Fruchtsäfte serviert.
Mit Matthias hatten wir einen fabelhaften Diveguide, mit dem wir jede Menge Spaß und einige unserer schönsten Tauchgänge im Roten Meer
hatten. Im Vorfeld hatten wir uns Gedanken gemacht, wie es wohl wird mit so vielen Tauchern auf engsten Raum. Wir hatten Glück, unsere
Gruppe war ein netter Mix von Leuten aus verschiedenen Ecken Deutschlands und einem Schweizer. Keiner spielte den Oberlehrer oder fiel
irgendwie aus der Rolle. Anja entpuppte sich als wahre Stimmungskanone.
Nächstes Mal würden wir besser eine
15-Liter Flasche buchen, da die Tauchgänge insgesamt doch tiefer und anspruchsvoller
waren, als die, die wir bislang gemacht hatten. Mit einer 15-Liter Flasche kann man die Tauchgänge entspannter angehen. Wegen der Nachtfahrten
empfielt es sich
Oropax einzupacken.
Ein Wort zum Trinkgeld: die politische Situation in Ägypten hat den Tourismus zum Erliegen gebracht. Diveguides werden schlecht
bezahlt (egal wo) und die ägyptische Bootscrew noch schlechter. Darum sollte man von vornherein ein anständiges Trinkgeld für die
Crew und die Guides einplanen, es wird auch erwartet.
[1] Amerikanischer Taucher und Buchautor